Kühler Empfang für 'Allii's neue Gouverneure

Die von 'Allii neu ernannten Gouverneure schickten sich an, ihre Ämter zu übernehmen, aber keiner von ihnen hatte es leicht.

Ägypten schien am ehesten auf der Seite 'Alliis zu sein. Doch als der neue Gouverneur dort eintraf, fand er eine ganz andere Lage vor. Ein Teil des Volkes erkannte ihn an, aber eine starke Gruppe verlangte die rasche Bestrafung der Mörder 'Usmaans. Sie sagten, ehe das nicht geschehen sei, wollten sie mit dem neuen Amirul Mu'minin und seinen Gouverneuren nichts zu tun haben. Eine andere Gruppe verlangte das Gegenteil. Sie forderte, dass die Mörder überhaupt nicht bestraft werden sollten.

Der neue Gouverneur von Basra sah sich vor einer ähnlichen Schwierigkeit: Eine Gruppe im Volk stand hinter den Aufrührern, eine andere war gegen sie. Der für Kufa ernannte Gouverneur war noch unterwegs, als er auf eine starke Gruppe mächtiger Männer dieser Stadt stieß.

"Es ist besser, wenn du zurückkehrst", sagten sie.

"Das Volk von Kufa will dich nicht an der Stelle von Abu Musa Al-As'arii haben. Setze dein Leben nicht aufs Spiel!"

Die Drohung schüchterte den armen, zum Gouverneur bestimmten Mann so ein, dass er folgsam nach Medina zurückkehrte.

Als der für Syrien ausgesuchte Gouverneur Tabuk erreichte, fand er seinen Weg von Mu'awijas Soldaten versperrt. Er zeigte ihnen sein Ernennungsschreiben.

"Wärst du von 'Usman ernannt worden, dann wärst du willkommen. Da du aber von einem anderen geschickt worden bist, tust du besser daran, umzukehren", sagten sie, und so musste auch dieser zum Gouverneur Berufene nach Medina zurückkehren.

Der neue Gouverneur vom Jemen übernahm sein Amt ohne Schwierigkeiten. Aber sein Vorgänger hatte ihm eine leere Staatskasse hinterlassen.  

 

Mu'awija erkennt 'Alliis Regierung nicht an

Kufa und Syrien waren die beiden Provinzen, die öffentlich die Autorität 'Alliis missachtet hatten. 'Allii sandte deshalb Boten zu ihren Gouverneuren und forderte von ihnen eine Erklärung. Abu Musa Al-As'arii, der Gouverneur von Kufa, gab eine befriedigende Antwort: Er versicherte 'Allii seine Treue und sagte, dass das Volk den neuen Amirul Mu'minin anerkannt habe. Was den Gouverneur von Syrien anbelangst, so hatte 'Allii in seinem Brief an Mu'awija geschrieben:

"Gelobe mir deine Treue oder mache dich zum Kampf bereit."

Mu'awija sandte einen besonders klugen Mann, der seinen Antwortbrief überbrachte. 'Allii Öffnete ihn und las:

"Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen."

Über diese wenigen Worte war 'Allii erstaunt.

"Was will Mu'awija damit sagen?" fragte er den Boten. Dieser stand auf und sagte:

"Als ich Syrien verließ, weinten 50.000 alte Kämpfer um 'Usman. Ihre Barte waren feucht von Tränen, und sie haben geschworen, die Mörder ''Usmaan zu bestrafen. Sie werden ihr Schwert nicht eher in die Scheide stecken, als bis sie Rache genommen haben."

Einer der Männer, die bei ´Allii saßen, stand auf und sagte:

"Bote von Syrien, glaubst du, dass du uns mit der syrischen Armee einschüchtern kannst? Bei Allah, 'Usmaans Hemd ist nicht das Hemd des Propheten Juusuf, auch ist Mu'awijas Sorge um ihn nicht die Sorge des Propheten Ja'quub. Wenn man auch in Syrien um 'Usman trauert, gibt es doch auch Leute im Iraq, die schlecht von ihm sprechen."

Die Worte des Boten verletzten auch 'Allii, und er rief aus:

"O Allah, Du weißt sehr gut, dass ich mit 'Usmaan Ermordung nichts  zu  tun  habe.  Bei  Allah,   seine   Mörder   sind entkommen!"

Mu'awijas Antwort war ein deutlicher Hinweis auf die Absichten des syrischen Gouverneurs: Ohne Kampf würde er nicht nachgeben. Daher bereitete sich 'Allii darauf vor. Hasan, sein ältester Sohn, war gegen Blutvergießen. Er bat seinen Vater, lieber die Regierung aufzugeben, als einen Bürgerkrieg heraufzubeschwören.

"Auf die Dauer wird das  Volk deine Führung doch anerkennen", fuhr er fort. 'Allii stimmte dieser Auffassung seines Sohnes jedoch nicht zu. Der drohende Zusammenstoß zwischen 'Allii und Mu'awija verursachte Unbehagen in Medina. Jeder wusste, wie mächtig und klug der syrische Gouverneur war; es würde sehr schwierig sein, ihn in die Knie zu zwingen. 'Allii meinte, dass er selbst diese Aufgabe übernehmen sollte. Bald war eine Armee bereit, um gegen die zu kämpfen, die die Herrschaft des Amirul Mu'minin nicht anerkannten.

 

Die Kamelschlacht

'A'ischa fordert Vergeltung für 'Usman

Ehe 'Allii sich mit Mu'awija befassen konnte, sah er sich einer anderen Gefahr gegenüber: 'A'ischa, Tochter Abu Bakrs und eine Witwe des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, wandte sich gegen ihn. Als 'Usman erschlagen wurde, vollzog sie gerade den Hadsch.

Als sie auf dem Heimweg die schreckliche Nachricht von seiner Ermordung erhielt, kehrte sie nach Mekka zurück und wandte sich an eine öffentliche Versammlung. Sie erzählte den Menschen, wie grausam die Aufrührer gewesen waren, als sie 'Usman kaltblütig töteten, dazu noch in der Stadt des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm. Sie forderte die Menge auf, den Tod des ermordeten ''Usmaan zu rächen. Hunderte von Männern folgten dem Aufruf 'A'ischas, darunter auch der Gouverneur von Mekka. In der Zwischenzeit waren auch Talha und As-Subair in Mekka eingetroffen. Sie berichteten 'A'ischa (r), was sie in Medina gesehen hatten, und drängten sie, schnell gegen die Aufrührer zu handeln. Sie sicherten ihr ihre Unterstützung zu und gaben ihr den Rat, nach Basra zu gehen, um weitere Truppen zur Verstärkung für ihr Vorhaben zu gewinnen. Zu dieser Zeit war auch 'Abdullah ibn 'Umar in Mekka. Man versuchte, ihn auf 'A'ischas Seite zu ziehen, aber der fromme 'Abdullah (r) weigerte sich, in den Bürgerkrieg hineingezogen zu werden.

'A'ischa machte sich an der Spitze einer starken Streitmacht auf den Weg nach Basra. Unterwegs stießen weitere Kämpfer zu ihr, und als sie Basra erreichte, standen 3000 Mann unter ihrer Fahne. Der Gouverneur von Basra sandte ihr Leute entgegen, um den Grund ihres Besuches zu erfahren. Sie sagte, sie sei gekommen, um das Volk auf seine Pflicht gegenüber dem ermordeten 'Usman aufmerksam zu machen. Die Boten fragten dann auch Talha (r) und As-Subair (r), warum sie gekommen seien.

"Wir wollen den Tod ''Usmaan rächen", erwiderten sie. "Aber ihr habt doch 'Allii die Treue geschworen", wandten die Boten ein. "Das Gelöbnis wurde unter Druck abgelegt", sagten die beiden. "Allerdings müssten wir zu unserem Eid stehen, wenn 'Allii ''Usmaan Tod gerächt oder uns erlaubt hätte, es zu tun." Der Gouverneur von Basra entschied, 'A'ischa Widerstand zu leisten, bis Hilfe von 'Allii kam. Er führte eine Armee vor die Stadt und machte sich zum Kampf bereit. Als beide Heere sich gegenüberstanden, richtete 'A'ischa einen aufrührenden Appell an die Gefühle des Heeres aus Basra. Sie sprach von ''Usmaan kaltblütiger Ermordung und erklärte, dass die Rache notwendig sei. Ihre Rede war so wirkungsvoll, dass die halbe Armee des Gouverneurs auf ihre Seite trat. Dann begann der Kampf. Er dauerte bis zum Abend und wurde auch am nächsten Tag fortgesetzt, bis man endlich mittags Frieden schloss; man kam überein, einen Mann nach Medina zu schicken, der herausfinden sollte, ob Talha und As-Subair ihren Treueschwur auf 'Allii aus freiem Willen oder unter Druck abgelegt hätten. Im ersten Fall sollte 'A'ischa ihr Heer zurückziehen, im letzteren Fall müsste der Gouverneur Basra aufgeben.

Der oberste Richter von Basra wurde dazu bestimmt, nach Medina zu gehen und die Wahrheit herauszufinden, und beide Parteien wollten seinen Bericht anerkennen. Der oberste Richter war Ka'b ibn Taur. Er erreichte Medina an einem Freitag und begab sich sogleich in die Moschee des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm. Er stellte sich vor das Volk und sagte: "O Leute,  das Volk von Basra sendet mich, um herauszufinden, ob Talha und As-Subair ihren Treueid freiwillig oder unter Druck geleistet haben."

"Bei Allah !" entgegnete Usama ibn Said. "Er wurde unter Bedrohung mit dem Schwert abgegeben."

Usamas Worte wurden von einer Anzahl führender Sahaba bestätigt. Der oberste Richter von Basra sah es somit als erwiesen an, dass die Aussage von Talha und As-Subair richtig war.

 

'A'ischa besetzt Basra

Als 'Allii von den Vorgängen in Basra erfuhr, schrieb er dem Gouverneur, er solle nicht nachgeben.

"Selbst wenn Talha und As-Subair zum Treueid gezwungen worden sind", hieß es in seinem Brief, "für die Einheit der Muslime ist Gewalt nötig. Sie wird jedoch nicht benutzt, um sie zu entzweien."

Inzwischen  war  der  oberste  Richter  nach  Basra zurückgekehrt. Er bestätigte, was Talha und As-Subair gesagt hatten, und diese verlangten, dass der Gouverneur sein Wort halten und die Stadt aufgeben solle.

Dieser hatte aber inzwischen gegenteilige Anweisungen erhalten. Seine Pflicht gegenüber dem Amirul Mu'minin stellte er über sein gegebenes Wort, und er kämpfte, um die Stadt zu verteidigen. Er wurde jedoch besiegt und gefangen genommen, und Basra wurde am 4. des Monats Rabi u1-Achir des Jahres 36 n.H. besetzt.

 Talha und As-Subair begannen sogleich, nach Leuten zu suchen, die am Aufstand gegen 'Usmaan teilgenommen hatten, und Hunderte von Männern wurden aufgegriffen und verhört. Eine große Zahl von ihnen wurde eingesperrt und vor Gericht gestellt, viele wurden für schuldig befunden und getötet.

Nach der Besetzung Basras richteten 'A'ischa, Talha und As-Subair einen langen Brief an die Gouverneure der verschiedenen Provinzen des islamischen Reiches, in dem beschrieben wurde, wie schwer Allahs Hand die Mörder ''Usmaan in Basra getroffen habe.

 

Die Sahaba widersprechen 'Allii

Die Vorfälle in Basra beunruhigten 'Allii sehr, und er beschloss, zunächst von Mu'awija abzulassen, um zuerst im Iraq Ordnung zu schaffen. Einen Zusammenstoß mit 'A'ischa konnte er leider nicht verhindern. Er rief das Volk von Medina unter seine Fahne, aber der Widerhall war schwach; denn der Gedanke an das Unternehmen war für die meisten Sahaba unerträglich. Wie konnten sie mit der Witwe des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, die Schwerter kreuzen? Sa'd ibn Abu Waqqas, der Eroberer Persiens, sagte:

"Amirul Mu'minun! Ich wünsche ein Schwert, das die Muslime von den Kafir trennt. Wenn du mir ein solches gibst, kämpfe ich an deiner Seite; hast du aber kein solches Schwert, dann entschuldige mich bitte." , 'Abdullah ibn 'Umar sagte:

"Im Namen Allahs fordere ich dich auf, nichts von mir zu verlangen, was meinem Gewissen widerspricht."

"Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, befahl mir", sagte Muchammad ibn Muslima, "mein Schwert nur gegen Kafir zu benutzen. Aber er bat mich, es zu zerbrechen, wenn es sich gegen Muslime richten sollte, und ich habe mein Schwert bereits in Stücke zerbrochen."

Usama ibn Said rief:

"Bitte befreie mich von dieser Pflicht! Ich habe einen Eid abgelegt, gegen niemanden zu kämpfen, der sagt: »Es ist kein Gott außer Allah«".

Als Malik Al-Astar erfuhr, was diese Sahaba gesagt hatten, schlug er ´Allii vor, sie ins Gefängnis zu werfen.

"Nein", erwiderte 'Allii, "ich will sie nicht gegen ihren Willen zwingen."

 

Hilfe aus Al-Kufa

Gegen Ende des Monats Rabi u1-Auwal im Jahre 36 n.H. brach 'Allii in den Iraq auf. Er hoffte, vor seinen Rivalen in Basra zu sein, aber der Weg war zu lang und die Zeit zu kurz. In Du Qar erfuhr er, dass Basra von 'A'ischa besetzt worden war. Deshalb hielt er an. 'Allii hatte wiederholt Abu Musa Al-As'arii, den Gouverneur von Kufa, um Hilfe gebeten. Dieser scheute den Bürgerkrieg sehr. Er hasste den Anblick von Muslimen, die sich an die Kehle springen, und wollte sich aus dem Streit heraushalten. Das Volk von Kufa teilte seine Meinung und wollte im Kampf zwischen 'A'ischa und 'Allii nicht Partei ergreifen.

Schließlich sandte 'Allii seinen ältesten Sohn Hasan nach Kufa. Als er dort ankam, hielt Abu Musa gerade eine Versammlung in der Hauptmoschee ab, in der er sich scharf gegen den Bürgerkrieg aussprach. Als er geendet hatte, sprang Hasan nach vorn und erklärte dem Volk, dass sein Vater der rechtmäßige Amirul Mu'minin sei, dass Talha und As-Subair ihr Wort gebrochen hätten und daß es die Pflicht des Volkes sei, seinem Amirul Mu'minin im Kampf gegen Ungerechtigkeit zu helfen. Seine Rede erzielte eine sofortige Wirkung; ein führender Mann von Al-Kufa stand auf und sagte: "Volk von Kufa! Unser Gouverneur hat recht mit dem, was er sagt. Aber die Einheit des Reiches ist ebenso notwendig. Ohne sie gibt es keine Sicherheit für Frieden und Gerechtigkeit. 'Allii ist der gewählte Amirul Mu'minin. Er ruft euch auf, mit ihm gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, und ihr müsst ihm helfen, so gut ihr könnt."

Diesem Appell folgten ähnliche Aufrufe anderer führender Männer von Kufa. Das Volk war ergriffen, und bald marschierten 9000 Mann, um sich 'Allii anzuschließen. 'Allii versicherte diesen Männern, dass er alles in seiner Macht Stehende tun werde, um Blutvergießen zu verhindern; selbst wenn der Kampf unvermeidlich werde, würde er ihn nach Möglichkeit beschränken.  

 

Die Friedensverhandlungen

Als Basra erreicht war, schickte 'Allii einen Mann zu 'A'ischa, um die Missverständnisse zu klären, die zwischen ihnen bestanden.

"Was wollt ihr wirklich?" fragte der Mann sie und ihre Anhänger.

"Wir wünschen nichts als das Wohlergehen der Muslime", antwortete sie. "Dies ist nicht möglich, solange ''Usmaan Tod nicht gerächt ist."

'Alliis Abgesandter fuhr fort:

"Das Verlangen nach Vergeltung ist wohl berechtigt. Aber wie könnt ihr Hand an Übeltäter legen, wenn ihr nicht vorher die Hand des Amirul Mu'minin stark macht? Ihr habt ja eure Erfahrungen gemacht, als ihr die Aufrührer in Basra bestraft habt. Ihr wart hilflos im Fall Harqus ibn As-Subair. Ihr wolltet ihn töten, aber 6000 Mann erhoben sich, um den Angeklagten zu verteidigen, und ihr musstet ihn schließlich freilassen. Wenn man euch zwingen kann, das Verbrechen eines einzigen Mannes zu übersehen, wie könnt ihr dann 'Allii tadeln? Wenn ihr wirklich die Wirren beenden wollt, dann kommt zur Fahne des Amirul Mu'minin! Zieht das Volk nicht in den Bürgerkrieg! Das geht das ganze Volk an. Ich hoffe, dass ihr Frieden und Ordnung mehr liebt als Kampf und Blutvergießen." 'A'ischa, Talha und As-Subair waren sehr bewegt von dieser Rede.

"Wenn 'Allii wirklich bereit ist, ''Usmaan Tod zu sühnen", erklärten sie, "können unsere Meinungsverschiedenheiten leicht beigelegt werden."

Der Abgesandte brachte 'Allii diese hoffnungsvolle Nachricht. Mit ihm kamen auch einige Männer aus Basra, die sichergehen wollten, dass 'Allii sie nicht wie einen unterlegenen Feind behandeln würde. 'Allii versprach ihnen, dass sie nichts zu befürchten hätten.

Die Hoffnung auf Frieden wuchs. Aber im Heere 'Alliis befanden sich 'Abdullah ibn Saba' und seine Helfershelfer, die keinen Frieden wollten und über 'Alliis Worte nach der Rückkehr des Boten von Basra sehr beunruhigt waren. Er hatte nämlich zum Volk gesagt:

"Das größte Geschenk Allahs an uns war die Einigkeit. Sie machte uns groß und stark, sehr zum Missfallen der Feinde des Islam. Diese haben versucht, unsere Einigkeit zu zerstören. Hütet euch vor ihnen! Morgen wollen wir in friedlicher Absicht nach Basra ziehen. Diejenigen, die an der Ermordung ''Usmaan irgendwie beteiligt waren, sollten sich von uns trennen."

'Abdullah ibn Saba' und seine Männer waren über diese Erklärung bestürzt und trafen sich zu geheimer Beratung. '"Allii will ''Usmaan Tod rächen", flüsterten sie sich zu. "Jetzt sagt er dasselbe wie Talha, As-Subair und 'A'ischa. Wir müssen etwas dagegen tun!"

Am folgenden Tag brach 'Allii mit seinen Männern nach Basra auf. Talha und As-Subair kamen mit ihrem Heer aus der Stadt heraus, und beide Streitmächte lagen sich drei Tage lang gegenüber. Die Friedensgespräche wurden fortgeführt, und am dritten Tag trafen sich die Anführer beider Heere persönlich. Sie ritten aufeinander zu, und 'Allii, Talha und As-Subair standen sich schließlich so dicht gegenüber, dass sich die Hälse ihrer Pferde berührten.

"Bin ich nicht euer Bruder?" fragte 'Allii die beiden. "Ist das Blut des einen Muslim dem anderen Muslim nicht heilig?"

Talha entgegnete:

"Aber du hast am Aufstand gegen 'Usman teilgenommen."

'Allii fuhr fort;

"Ich verfluche die Mörder ''Usmaan. O Talha! Hast du mir nicht Treue geschworen?"

"Ja, aber unter dem Druck des Schwertes", erwiderte Talha.

Dann wandte sich 'Allii an den anderen:

"Erinnerst du dich, As-Subair, dass der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, dich eines Tages fragte, ob du mich liebst? Du sagtest »Ja!«. Da prophezeite er, dass du einmal gegen mich ohne wirklichen Grund kämpfen würdest."

As-Subair antwortete:

"Gewiss! Ich erinnere mich der Worte des Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm."

Nach diesem Gespräch, das die Herzen einander näher brachte, ritten die drei Männer in ihr Lager zurück. Jeder dachte ernsthaft darüber nach, welches Leid aus einem Bürgerkrieg entstehen würde. Man spürte, dass der Friede nun nahe war.

'Allii (r) war sehr befriedigt über die Unterredung. Er war fast sicher, das Blutvergießen verhindert zu haben, und gab strenge Anweisung, dass niemand auch nur einen Pfeil abschießen dürfe. In der Nacht bat er Allah (t), den Muslimen die Schrecken eines Bürgerkrieges zu ersparen.

 

Die Schlacht

Die Nacht kam heran, und beide Heere lagen in tiefem Schlaf. Aber 'Abdullah ibn Saba' und seine Helfer waren die ganze Zeit über wach. Jetzt sahen sie ihre letzte Gelegenheit gekommen, und die wollten sie sich nicht entgehen lassen. Es war noch dunkel, als plötzlich das Klirren von Stahl die Luft erfüllte: ibn Saba' und seine Männer hatten einen plötzlichen Angriff auf 'A'ischas Heer unternommen, und schnell war die Schlacht in vollem Gange. Talha und As-Subair wurden von dem Lärm überrascht.

"Was ist hier los?" fragten sie.

"'Alliis Heer hat einen Nachtangriff begonnen", lautete die Antwort.

"O weh", riefen sie, " man konnte 'Allii also nicht davon abhalten, das Blut von Muslimen zu vergießen! Wir haben das die ganze Zeit befürchtet!"

'Allii war ebenfalls bestürzt über den plötzlichen Ausbruch des Waffenlärms.

"Was geschieht da?" fragte er.

"Talha und As-Subair haben uns überfallen", antworteten die Gefolgsleute ibn Saba's.

"O weh", sagte 'Allii, "nun haben Talha und As-Subair sich doch nicht davon zurückhalten lassen, das Blut von Muslimen zu vergießen! Das hatte ich die ganze Zeit befürchtet!"   

Der Kampf tobte immer heftiger. Muslime töteten andere Muslime, und Hunderte fielen auf jeder Seite. Auch Talha fiel im Kampf. As-Subair floh vom Schlachtfeld. Der größte Teil von 'A'ischas Streitmacht schmolz dahin, aber ein hartnäckiges Gefecht wütete noch rund um ihr Kamel. Sie saß auf dem Rückensitz des Kamels und leitete den Kampf. Eine große Menge frommer Muslime kämpfte verzweifelt zu Ehren der Witwe des Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, -70 Männer einer nach dem anderen - hielten das Zaumzeug des Kamels und ließen dabei ihr Leben. 'Alliis Herz blutete, als er das sah. Das kostbare Leben von Muslimen wurde für nichts hingegeben. Schließlich befahl  'Allii einem seiner Männer, 'A'ischas Kamel die Hinterbeine abzuschlagen. Er tat es, und das Kamel fiel auf die Vorderbeine. Der Rückensitz kam herab, und damit war die Schlacht zu Ende.

'A'ischa (r) wurde unverletzt aus dem Sitz genommen, mit aller Hochachtung, die ihr gebührte. 'Allii trat zu ihr hin mit den Worten:

"Wie geht es dir?" "Alles ist in Ordnung", erwiderte 'A'ischa, "Allah möge dir verzeihen!"

"Und Er möge auch dir deinen Fehler vergeben", sagte 'Allii. Dann sah er sich auf dem Schlachtfeld um. Viele wohlbekannte Sahaba lagen im Staub. Über 10.000 Mann von beiden Seiten hatten ihr Leben gelassen, darunter einige der besten Männer des Islam. 'Allii war davon tief berührt; er sprach für alle Gebete und ließ sie beerdigen. Seinen Männern verbot er, Beute zu machen; alles, was herumlag, wurde eingesammelt, und die Leute von Basra bekamen von 'Allii das zurück, was ihnen gehörte. Nachdem As-Subair das Schlachtfeld verlassen hatte, begab er sich in Richtung Mekka. Als er in einem Tal anhielt, um zu beten, wurde er, vertieft im Gebet, von einem Mann mit Namen 'Amr ibn Dscharmas erschlagen. ´Amr ibn Dscharmas brachte dem 'Allii die abgeschlagenen Arme As-Subairs in der Hoffnung, einen Lohn dafür zu erhalten, dass er 'Alliis Rivalen getötet hatte. Aber an Stelle einer Belohnung erhielt er einen scharfen Verweis.

"Ich sah den Besitzer dieses Schwertes mehrere Male für den Gesandten Allahs kämpfen", sagte 'Allii, "und ich verkünde seinem Mörder das Feuer der Hölle! " Nachdem 'A'ischa sich noch einige Tage in Basra aufgehalten hatte, schickte 'Allii sie unter der Obhut ihres Bruders Muhammad ibn Abu Bakr nach Medina zurück. Kurz vor ihrer Abreise scharte sich eine Anzahl von Männern um ihr Kamel, und sie richtete folgende Worte an sie: "Ihr habt euch gegenseitig nichts vorzuwerfen. Bei Allah , zwischen mir und 'Allii hat es keine Feindschaft gegeben. Ich halte 'Allii für einen guten Mann."

'Allii sagte darauf:

"Sie hat ganz recht, und sie nimmt eine hohe Stellung in unserer Religion ein; hier auf Erden und in der kommenden Welt ist sie die geehrte Frau des Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm." 'Allii begleitete 'A'ischa viele Kilometer weit. Dann begann er, die Ordnung in Basra wiederherzustellen. Die Stadt hatte die Waffen gegen 'Allii erhoben, aber 'Allii erließ eine Generalamnestie. Er hielt eine bewegende Ansprache in der Hauptmoschee, in der er das Volk aufforderte, sich die Pflichten gegenüber Allah stets vor Augen zu halten. Er nahm den Treueschwur vom Volk entgegen und ernannte 'Abdullah ibn 'Abbas (r) zum Gouverneur von Basra. Als die Stadt fiel, hielten sich einige führende Männer der Banu Umayja in Basra auf, darunter auch der verrufene Marwan. Diese Männer warteten ab, was geschehen würde. Als 'Allii von ihrer Anwesenheit erfuhr, gewährte er auch ihnen die Generalamnestie. Sie gingen daraufhin nach Syrien und schlossen sich Mu'awija an.